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Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter des Monats Dezember 2014


Sehr geehrte Damen und Herren,


dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Verzicht auf Finanzplandarlehen bei Sanierungsgewinnen

2.

Wahlrechtsausübung bei Einbringung

3.

Berichtigung bei Fehlbeurteilung des Vorsteuerabzugs

4.

Investitionsabzugsbetrag: Berechnung der Betriebsgröße

5.

Amtliche AfA-Tabellen sind nur für das Finanzamt bindend

6.

Ausgleichszahlung für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit ist Arbeitslohn

7.

Private Pkw-Nutzung des Geschäftsführers: Tauschähnlicher Umsatz oder unentgeltliche Wertabgabe?

8.

Geldwerter Vorteil: Übernommene Vereinsbeiträge gelten als Arbeitslohn

9.

Auflösungsvertrag: Wann gilt für eine Abfindung ein ermäßigter Steuersatz?

10.

Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb unterliegen nicht der Umsatzsteuer

11.

Steuerberater darf Einspruch nicht eigenmächtig zurücknehmen

12.

Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften



1. Verzicht auf Finanzplandarlehen bei Sanierungsgewinnen

Für Sanierungsgewinne gelten besondere Billigkeitsregelungen, die im Kern eine Steuerstundung und einen Steuererlass vorsehen. Das Finanzministerium Schleswig-Holstein erklärt, wann diese Regelungen auf Gewinne aus dem Darlehensverzicht von GmbH-Gesellschaftern angewandt werden können.

Um ein Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu retten, verzichten dessen Schuldner häufig auf Teile ihrer Forderungen, um so zur Sanierung beizutragen. Da durch den Schuldenerlass jedoch Gewinne entstehen (Erhöhung des Betriebsvermögens), würde ein regulärer Steuerzugriff darauf die Sanierungsbemühungen schnell konterkarieren. Um diese erhebliche Härte für das sanierungsbedürftige Unternehmen abzumildern, hat das Bundesfinanzministerium bereits mit Schreiben vom 27.3.2003 (sog. Sanierungserlass) besondere Billigkeitsregelungen aufgestellt, die im Kern eine Stundung und einen Erlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuern vorsehen.

Darlehensverzicht von Gesellschaftern
Wann der Darlehensverzicht eines GmbH-Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft zu einem solchen begünstigten Sanierungsgewinn führen kann, hat das Finanzministerium Schleswig-Holstein mit Erlass vom 16.4.2014 näher beleuchtet. Nach der Weisung können die begünstigenden Billigkeitsregelungen des Bundesfinanzministeriums nur zur Anwendung kommen, wenn der Darlehensverzicht eigenbetrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. Eine solche schädliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt dabei grundsätzlich vor, wenn das Darlehen als Finanzplandarlehen ausgereicht wurde – es von den Gesellschaftern also zur Finanzierung des Unternehmens ("finanzplanmäßig") gewährt worden ist.

Verzicht auf Finanzplandarlehen kann begünstigt sein
Nach der Weisung des Finanzministeriums können allerdings auch Gewinne aus dem Verzicht auf Finanzplandarlehen begünstigt sein, sofern nicht nur der Gesellschafter, sondern auch unbeteiligte Dritte auf Darlehen verzichten bzw. anderweitig zur Sanierung beitragen. In diesem Fall – der als Gläubigerakkord bezeichnet wird – handelt der Gesellschafter mit seinem Darlehensverzicht wie ein fremder Dritter und somit aus betrieblichen Gründen heraus, sodass die begünstigenden Regelungen für Sanierungsgewinne dann auf alle Darlehensformen – somit auch auf Finanzplandarlehen – angewandt werden können.

Nachträgliche Anschaffungskosten
Hat ein Gesellschafter im Zuge eines Gläubigerakkords auf sein Darlehen verzichtet und das Finanzamt einen begünstigten Sanierungsgewinn angenommen, so können nach der Weisung des Finanzministeriums bei einer späteren Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft gleichwohl nachträgliche Anschaffungskosten anzunehmen sein.

Einheitliche Betrachtungsweise
Beim Darlehensverzicht eines Gesellschafters darf keine Aufteilung in der Form erfolgen, dass der werthaltige Teil der Forderung als gesellschaftsrechtlich und der nicht werthaltige Teil als eigenbetrieblich angesehen wird. Stattdessen kann der Verzicht nur als Ganzes entweder als eigenbetrieblich oder gesellschaftsrechtlich veranlasst beurteilt werden. Nur wenn die Gesamtbetrachtung ergibt, dass der Verzicht eigenbetrieblich veranlasst ist, kann von einer Sanierungsabsicht des Gesellschafters ausgegangen werden, die Voraussetzung für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns ist. Liegt hingegen eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor, müssen die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 9.6.1997 zum Verzicht eines Gesellschafters auf eine nicht mehr vollwertige Forderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft beachtet werden.

2. Wahlrechtsausübung bei Einbringung

Bei einer Einbringung oder einem Anteilstausch hat die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Jedoch kann auf Antrag das übernommene Betriebsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen auch mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt werden.

Der Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens gilt beim Einbringenden als Veräußerungspreis. Zu den Details dieser Antragstellung hat sich die Finanzverwaltung nun wie folgt geäußert und konkretisiert damit die Ausführungen im sog. Umwandlungssteuererlass.

Der Antrag ist spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen. Dies ist die auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zu erstellende Übernahmebilanz. Sind der steuerliche Übertragungsstichtag und der Bilanzstichtag identisch, ist die steuerliche Schlussbilanz auf diesen Tag zu erstellen. Liegt der steuerliche Übertragungsstichtag vor dem Bilanzstichtag, ist die steuerliche Schlussbilanz auf den Bilanzstichtag maßgebend.

Beispiel:
Steuerlicher Übertragungsstichtag = 1.4.2013, Bilanzstichtag = 31.12.2013.

Die steuerliche Schlussbilanz des Übernehmers wird auf den 31.12.2013 erstellt. Daran ändert die Buchung der Übernahme des Betriebsvermögens als Geschäftsvorfall am 1.4.2013 nichts, denn maßgebend ist die mit der Bewertung der Wirtschaftsgüter verbundene Ausübung des Antrags in der Übernahmebilanz zum 31.12.2013.

Die steuerliche Schlussbilanz ist grundsätzlich eine eigenständige Bilanz, die von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 bzw. § 5 Abs. 1 EStG zu unterscheiden ist. Wird nur eine Steuerbilanz zur Gewinnermittlung auf den Bilanzstichtag abgegeben, ist damit noch kein Antrag gestellt. Dies kann durch Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz nachgeholt werden; die Antragsfrist ist bis dahin noch nicht verstrichen.

Wird hingegen zusätzlich eine ausdrückliche Erklärung abgegeben, dass die Steuerbilanz der Gewinnermittlung zugleich auch die steuerliche Schlussbilanz nach dem Umwandlungssteuergesetz sein soll, ist dies ein konkludenter Antrag, denn für den Antrag ist keine konkrete Form vorgeschrieben.

Wurde der Antrag auf Ansatz mit einem Wert unterhalb des gemeinen Werts gestellt, ist dieser unwiderruflich. Der Antrag ist auch bedingungsfeindlich und kann somit nicht bis zum Ablauf der Antragsfrist widerrufen oder geändert werden.

Um Rechtsklarheit zu erlangen, werden die Finanzämter angewiesen, eine steuerliche Schlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft anzufordern und die Gesellschaft gleichzeitig aufzufordern, sich zur Ausübung des Bewertungswahlrechts ausdrücklich zu äußern. Mit Eingang der Antwort ist die Antragsfrist verstrichen und der gestellte Antrag kann danach nicht mehr geändert werden. Bleibt eine Antwort aus, liegt kein Antrag vor, sodass die gemeinen Werte anzusetzen sind.

Hintergrund für diese Anweisung sind in der Praxis vermehrt aufgetretene Fälle, in denen bei der übernehmenden Personengesellschaft die Abschreibung auf Basis der gemeinen Werte ermittelt worden sind, bei den Einbringenden bisher aber noch keine steuerliche Schlussbilanz abgeben und damit auch die stillen Reserven nicht versteuert worden sind.

3. Berichtigung bei Fehlbeurteilung des Vorsteuerabzugs

Darf das Finanzamt einen rechtlich unzutreffend gewährten Vorsteuerabzug in den Folgejahren korrigieren oder kann es nur eine rückwirkende Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung vornehmen? Eine Antwort darauf lieferte jetzt das Thüringer Finanzgericht.

Hintergrund
Ein Unternehmer erwarb in 2002 ein Fahrzeug und machte die entstandene Umsatzsteuer in voller Höhe als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt stimmte der Umsatzsteuererklärung zu, obwohl nach damaliger Rechtslage nur ein Vorsteuerabzug von 50 % zulässig war. Da der Unternehmer das Fahrzeug in der Folgezeit nicht seinem Unternehmensvermögen zuordnete (= materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug), berichtigte das Finanzamt die Vorsteuer für die Folgejahre; entsprechende Änderungsbescheide ergingen in 2009. Eine Änderung der ursprünglich fehlerhaften Umsatzsteuerfestsetzung 2002 war wegen abgelaufener Festsetzungsfrist nicht mehr möglich.

Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt nicht zur Vorsteuerberichtigung berechtigt war. Denn vorliegend hatte sich nicht die rechtliche Beurteilung der Ausgangsumsätze als steuerpflichtig/steuerfrei geändert, sondern das Finanzamt hatte versucht, eine frühere rechtliche Fehlbeurteilung zu korrigieren. Eine Berichtigung aus diesen Gründen hielt das Finanzgericht aber nicht für zulässig, da § 15a Abs. 1 UStG lediglich eine geänderte Verwendung von Wirtschaftsgütern erfasst und nicht die Fehlbeurteilung eines Vorsteuerabzugs. Letztere kann allenfalls über die allgemeinen Änderungsvorschriften der Abgabenordnung korrigiert werden (Änderung der ursprünglich fehlerhaften Steuerfestsetzung), was im Urteilsfall jedoch nicht mehr zulässig war.

4. Investitionsabzugsbetrag: Berechnung der Betriebsgröße

Die für den Investitionsabzugsbetrag maßgebliche Betriebsgröße ist bei bilanzierenden Unternehmen aus dem in der Steuerbilanz ausgewiesenen Kapitalkonto abzuleiten. In der Handelsbilanz ausgewiesene Ansprüche auf Investitionszulage bleiben dabei unberücksichtigt.

Hintergrund
Das steuerliche Kapitalkonto der Klägerin betrug zum 31.12.2009 325.000 EUR. Ein Anspruch auf Investitionszulage von ca. 43.000 EUR wurde dabei nicht berücksichtigt. Das Finanzamt erfasste auch diesen Anspruch, sodass der für 2009 maßgebliche Grenzwert für die Betriebsgröße von 335.000 EUR überschritten wurde und versagte den beantragten Investitionsabzugsbetrag.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Nach Auffassung des Finanzgerichts muss der Anspruch auf Investitionszulage für das abgelaufene Wirtschaftsjahr in der Handelsbilanz ausgewiesen werden. Steuerrechtlich sei er, jedenfalls für Zwecke des § 7g EStG nicht zu berücksichtigen, weil die Werte der Handelsbilanz für die Größenmerkmale unerheblich seien. Der Anspruch auf Investitionszulage sei in der Steuerbilanz nicht zu erfassen und beeinflusse die Höhe des Betriebsvermögens somit nicht.

Die Investitionszulage sei ausdrücklich von der Steuerpflicht ausgenommen und falle unter keine Einkunftsart. Der Anspruch auf Investitionszulage sei keine Forderung im Sinne der Steuerbilanz. Daraus folge, dass in der Handelsbilanz ein anderer Wert anzusetzen sei als in der Steuerbilanz. Das Investitionszulagengesetz beabsichtige die Vermeidung steuerlicher Gewinnauswirkungen der Investitionszulage. Eine Berücksichtigung des Anspruchs bei der Ermittlung der Betriebsgröße konterkariere den Sinn und Zweck der steuerlichen Förderung, denn sowohl die Investitionszulage als auch der Investitionsabzugsbetrag sollen die Liquidität von kleinen und mittelständischen Unternehmen stärken. Steuerrechtlich sei die Investitionszulage als außerbilanzieller Posten daher für die Berechnung des Betriebsvermögens unschädlich.

5. Amtliche AfA-Tabellen sind nur für das Finanzamt bindend

Die amtlichen AfA-Tabellen sollen eine gleichheitsgerechte Anwendung der AfA-Vorschriften gewährleisten. Sie binden deshalb das Finanzamt wie eine Dienstanweisung. Der Steuerpflichtige kann dagegen jederzeit eine für Ihn günstigere Nutzungsdauer darlegen.

Hintergrund
Das Finanzgericht hatte über die Nutzungsdauer einer Kartoffelhalle in einem Land- und Forstwirtschafts-Betrieb zu entscheiden. Das Finanzamt ging nach bausachverständiger Begutachtung von der üblichen Nutzungsdauer von 33 1/3 Jahren aus, während der Kläger sich auf eine vom Hersteller angeforderte Bescheinigung und auf die amtliche AfA-Tabelle berief, die eine Nutzungsdauer von 17 Jahren für Gebäude in Leichtbauweise ausweisen.

Entscheidung
Das Finanzgericht stellte fest, dass die amtlichen AfA-Tabellen für das Finanzamt den Charakter einer Dienstanweisung besitzen. Für den Steuerpflichtigen handele es sich dagegen um das Angebot der Verwaltung für eine tatsächliche Verständigung im Rahmen einer Schätzung, das er annehmen kann, aber nicht muss. Danach sei die Anwendung der AfA-Tabellen aus Gleichheits- und Gerechtigkeitsgesichtspunkten zwingend geboten. Es seien keine Umstände erkennbar, wonach die dort ausgewiesene Nutzungsdauer den hier entschiedenen Einzelfall nicht vertretbar abbilde. Ein Abweichen von der amtlichen AfA-Tabelle durch das Finanzamt verlange auch eine Auseinandersetzung mit den eigenen Begriffsbestimmungen und Erkenntnisgrundlagen. Es könne sich insoweit nicht auf ein Sachverständigengutachten stützen, das diese Vorgaben nicht erfüllt.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Werten der AfA-Tabelle um grobe Schätzungen handelt, die auch der Verwaltungsvereinfachung dienen und für eine gleichmäßige Anwendung sorgen. Da der Kläger nichts weiter begehre, sei die Einholung eines eigenen Sachverständigengutachten entbehrlich und der Klage stattzugeben.

6. Ausgleichszahlung für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit ist Arbeitslohn

Erhält ein verbeamteter Feuerwehrmann von seinem Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit, muss er diese Gelder als Arbeitslohn versteuern.

Hintergrund
Ein Feuerwehrbeamter der städtischen Berufsfeuerwehr erhielt von seinem Arbeitgeber im Jahr 2012 eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit in Höhe von 20.000 EUR, die er als steuerfreie Schadensersatzleistung anerkannt wissen wollte. Er argumentierte, dass die Gelder keinen Entlohnungs- oder Lohnersatzcharakter hätten, da entsprechende Schadensersatzansprüche nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorrangig auf Freizeitausgleich (Naturalrestitution) gerichtet seien. Das Finanzamt setzte die Zahlungen hingegen als (ermäßigt zu besteuernden) Arbeitslohn an.

Entscheidung
Das Finanzgericht Münster urteilte, dass das Amt die Zahlungen zu Recht als Arbeitslohn angesetzt hatte.

Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Güter in Geld- oder Geldeswert, die einem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden Vorteile "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind – wenn also der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne (objektiv) als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.

Legt man diese Grundsätze zugrunde, sind die streitbefangenen Ausgleichszahlungen letztlich dafür zugeflossen, dass der Arbeitnehmer seine individuelle Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat.

Ob die Zahlung Ausfluss eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist, konnte das Finanzgericht dahingestellt lassen, da das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hatte, dass der zusätzliche Dienst eines Beamten und der damit verbundene Freizeitverlust nach nationalem Recht keinen Schaden darstellt; demnach steht dem Arbeitnehmer für unionsrechtswidrig geleistete Mehrarbeit (neben einem möglichen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch) ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Diese Einordnung als auch die Berechnung der Ausgleichszahlung im Urteilsfall (angelehnt an das Gesetz über die Mehrarbeit von Feuerwehrleuten) sprachen für den Arbeitslohncharakter der Ausgleichszahlung.

7. Private Pkw-Nutzung des Geschäftsführers: Tauschähnlicher Umsatz oder unentgeltliche Wertabgabe?

Die Umsatzbesteuerung der Pkw-Überlassung an einen Gesellschafter-Geschäftsführer kann anhand der ertragsteuerrechtlichen Werte geschätzt werden.

Hintergrund
Die A-GmbH hatte ihrem zu 90 % beteiligten Geschäftsführer G arbeitsvertraglich den Anspruch auf ein Firmenfahrzeug eingeräumt. Die Überlassung umfasste auch private Fahrten. Dementsprechend wurden G in den Streitjahren 2004 bis 2006 nacheinander 2 Pkw zur Verfügung gestellt, für die kein Fahrtenbuch geführt wurde. Der geldwerte Vorteil wurde monatlich als Lohnaufwand gebucht. Allerdings wurde die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (sog. 0,03 %-Regelung) nicht berücksichtigt

Bei der Festsetzung der Umsatzsteuer erhöhte das Finanzamt die Umsätze der GmbH in Höhe des Zuschlags nach der 0,03 %-Regelung (monatlich 0,03 % des Listenpreises). Den Einwand, G habe den Pkw nur sporadisch – weniger als einmal wöchentlich – für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt, wies das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht zurück.

Entscheidung
Überlässt der Arbeitgeber einem Gesellschafter-Geschäftsführer einen Pkw zur privaten Nutzung, kann dies als Entgelt für die Arbeitsleistung zu versteuern sein. Es handelt sich dann um einen tauschähnlichen Umsatz, bei dem ein Teil der Arbeitsleistung Entgelt für die sonstige Leistung (Nutzungsüberlassung) ist. Es kann aber auch der Fall einer der Besteuerung unterliegenden unentgeltlichen Wertabgabe vorliegen. Das ist bei der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf des Personals gegeben. Die unternehmensfremde Verwendung wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt.

Bei einer entgeltlichen Überlassung (tauschähnlicher Umsatz) kann der Wert des Umsatzes anhand der Kosten/Ausgaben für die Pkw-Überlassung geschätzt werden. Im Fall einer unentgeltlichen Wertabgabe sind als Bemessungsgrundlage die Kosten/Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, anzusetzen. Auch hier ist eine Schätzung möglich.

Der Bundesfinanzhof ist der Auffassung, dass in beiden Fällen die Bemessungsgrundlage entsprechend der lohnsteuerrechtlichen bzw. ertragsteuerrechtlichen Werte geschätzt werden kann, die vom Bundesfinanzministerium festgelegt wurden.

8. Geldwerter Vorteil: Übernommene Vereinsbeiträge gelten als Arbeitslohn

Übernimmt der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter die Mitgliedsbeiträge zu privaten Vereinen, sind diese Aufwendungen steuerpflichtiger Arbeitslohn. Dies kann auch gelten, wenn der Mitarbeiter bereits im Ruhestand ist. Es gibt aber auch Alternativen.

Übernimmt der Arbeitgeber Vereinsbeiträge des Arbeitnehmers wie zum Beispiel für einen Golf- oder Tennisclub, liegt ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil vor.

Dies gilt auch dann, wenn eine solche Mitgliedschaft dem Beruf förderlich ist, weil sich auf diesem Weg Kontakte mit (künftigen) Kunden des Arbeitgebers anknüpfen oder vorhandene Geschäftsbeziehungen intensivieren lassen.

Ausnahmen sind kaum möglich
Selbst die Tatsache, dass sich der Mitarbeiter – wie im Streitfall in einem Golfclub – sportlich nicht betätigt oder mangels Platzreife nicht betätigen kann, soll keine Rolle spielen. Eine seltene Ausnahme könnte nur gelten, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter den Beitritt derart aufdrängt, dass er sich dem nicht entziehen kann, ohne Nachteile in Kauf zu nehmen.

Mitgliedsbeiträge ausgeschiedener Mitarbeiter
Nach dem Eintritt in den Ruhestand werden die Voraussetzungen dann etwas lockerer. Nach einem neuen Urteil liegt nur dann Arbeitslohn vor, wenn mit der Zuwendung noch die Arbeitsleistung entlohnt werden soll und nicht bereits deshalb weil der Arbeitgeber daran mitgewirkt hat, die Ehrenmitgliedschaft zu erhalten.

Steuerliche Alternativen zum sportlichen Stressabbau
Es gibt aber Möglichkeiten für die Unterstützung der Arbeitnehmer im sportlichen Bereich, die steuerlich anders behandelt werden. Dazu zählen Betriebssportanlagen und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung.

Betriebssportanlagen: Stellt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern unentgeltlich Sportanlagen zur Verfügung wie zum Beispiel einen Fitnessraum, eine Betriebssportanlage mit Fußballplatz oder ein Schwimmbad handelt es sich um eine steuer- und beitragsfreie Leistung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers.

Achtung: Die Bereitstellung von Tennis- oder Squashplätzen, eines Reitpferds, einer Segeljacht oder einer Golfanlage ist dagegen steuer- und beitragspflichtig.

Betriebliche Gesundheitsförderung: Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands der Belegschaft oder der betrieblichen Gesundheitsförderung bleiben bis zu 500 EUR im Kalenderjahr je Arbeitnehmer steuerfrei. Unter die Steuerbefreiung fallen auch Barzuschüsse des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter für extern durchgeführte Maßnahmen.

Achtung: Die Übernahme oder Bezuschussung von Mitgliedsbeiträgen an Sportvereine und Fitnessstudios ist jedoch nicht steuerbefreit. Unter die Steuerbefreiung fällt aber, wenn durch den Arbeitgeber ein Zuschuss für Maßnahmen gewährt wird, die Fitnessstudios oder Sportvereine anbieten und die den fachlichen Anforderungen des Leitfadens Prävention der Krankenkassen gerecht werden.

9. Auflösungsvertrag: Wann gilt für eine Abfindung ein ermäßigter Steuersatz?

Der ermäßigte Steuersatz für Abfindungen kommt nur zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer durch diese Zahlung insgesamt höhere Einkünfte erzielt, als er bei ungestörter Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses erhalten hätte (Zusammenballung). Wie diese Vergleichsberechnung durchzuführen ist, veranschaulicht ein aktuelles Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts.

Hintergrund
Ein GmbH-Geschäftsführer erhielt nach seinem Anstellungsvertrag neben einem Festgehalt auch eine Tantieme, die aber erst nach der Feststellung des jeweiligen Jahresabschlusses fällig wurde.

Im Jahr 2010 schlossen die Arbeitsparteien einen Aufhebungsvertrag, wonach der Geschäftsführer freigestellt wurde, jedoch noch bis zum 31.12.2010 sein Festgehalt fortbeziehen konnte. Zudem wurde ihm eine Abfindung von 225.000 EUR zugesagt, die am 31.1.2011 zur Auszahlung kam; die Tantieme für 2010 in Höhe von 50.000 EUR sollte er darüber hinaus noch in 2010 erhalten.

Der Geschäftsführer bezog für 2010 einen Bruttoarbeitslohn von insgesamt 288.725 EUR (einschließlich der vorgezogenen Tantieme). Im Jahr 2011 bezog er neben seiner Abfindung noch Einnahmen aus einer Dienstwagennutzung von 3.878 EUR, sowie Lohnersatzleistungen von 10.383 EUR.

Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass die Abfindung nicht der ermäßigten Besteuerung unterlag, da es an einer Zusammenballung von Einkünften fehlte. Eine Zusammenballung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer im Jahr der Entschädigungszahlung mehr erhält ("Ist-Größe"), als ihm bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zugeflossen wäre ("Soll-Größe"). Ein Vergleich dieser beiden Kenngrößen ergab, dass der Arbeitnehmer trotz der Entschädigungszahlung insgesamt nicht mehr Einkünfte in 2011 erzielt hatte als bei einem "normalen Lauf der Dinge". Hervorzuheben ist, dass das Finanzgericht die bezogenen Lohnersatzleistungen in 2011 nicht in die "Ist-Größe" einbezog, weshalb diese letztlich die "Soll-Größe" unterschritt.

10. Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb unterliegen nicht der Umsatzsteuer

Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb erfolgt nicht für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke und unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer.

Hintergrund
A betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Zwischen A (als Organträger) und der GmbH (als Organgesellschaft) bestand ein Organschaftsverhältnis. Nach dem Geschäftsführeranstellungsvertrag hatte A Anspruch auf Benutzung eines der GmbH gehörenden Pkw auch für private Zwecke.

A nutzte den Pkw auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb/Arbeitsstätte. Das Finanzamt unterwarf die Pkw-Überlassung für diese Fahrten als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer (mit geschätzten 0,87 EUR je gefahrenem km). Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage mit der Begründung ab, da die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern grundsätzlich unternehmensfremden Zwecken zuzurechnen sei, müsse Entsprechendes auch für die Fahrten eines Unternehmers zwischen Wohnung und Betrieb gelten.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof lehnt die Parallelbetrachtung zu den Fahrten eines Arbeitnehmers ab. Die Pkw-Nutzung für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb durch den Unternehmer ist nicht als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Das Finanzgerichtsurteil wurde daher aufgehoben. Der Bundesfinanzhof gab der Klage statt.

Die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück mit einem betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber dient grundsätzlich dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken. Denn es ist normalerweise Sache des Arbeitnehmers, den Ort seiner Wohnung und das geeignete Verkehrsmittel zu wählen.

Anders ist es jedoch bei den entsprechenden Fahrten des Unternehmers. Diese Fahrten sind unternehmerisch veranlasst. Der Arbeitnehmer ist arbeitsvertraglich verpflichtet, während der Arbeitszeit an der Arbeitsstätte zu sein, sodass grundsätzlich kein unternehmerischer Grund dafür besteht, ihn zwischen Wohnung und Betrieb zu befördern. Im Gegensatz dazu sucht jedoch der Unternehmer den Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Es ist nicht ersichtlich, welchem privaten Bedarf diese Fahrten dienen sollten. Sie dienen der Ausführung von Umsätzen und es besteht daher – anders bei einem Arbeitnehmer – ein unmittelbarer Zusammenhang der Fahrten zu dem Unternehmen.

Das zwischen A und der GmbH bestehende Organschaftsverhältnis bewirkt, dass die Leistungen zwischen der GmbH und A als nichtsteuerbare Innenleistungen zu behandeln sind. Die Verwendung des Pkw durch A war daher – anders als bei der entgeltlichen Überlassung an einen Arbeitnehmer – nicht als steuerbare sonstige Leistung (tauschähnliches Geschäft), sondern unter dem Gesichtspunkt einer unentgeltlichen Wertabgabe zu unternehmensfremden Zwecken zu prüfen. Hierfür ist die Sicht des Unternehmers entscheidend, die für die Fahrten auf den unmittelbaren unternehmerischen Zusammenhang hinweist.

11. Steuerberater darf Einspruch nicht eigenmächtig zurücknehmen

Nimmt ein Steuerberater einen Einspruch ohne vorherige Rücksprache mit seinem Mandanten zurück, verstößt er gegen seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag und macht sich schadensersatzpflichtig. 

Hintergrund
Streckt ein Steuerberater im Streit mit dem Finanzamt vorzeitig die Waffen ohne sich zuvor mit seinem Mandanten abzusprechen, so kann dieses Vorgehen für ihn in einer Schadensersatzzahlung münden. So geschehen kürzlich in einem Fall vor dem Bundesgerichtshof, in dem ein Steuerberater für seinen Mandanten die Kosten einer doppelten Haushaltsführung geltend gemacht hatte; der Mandant hatte seinen Ersthaushalt jedoch aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt (sog. Wegverlegungsfall), was von der damals geltenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht steuerlich anerkannt wurde. Nachdem das Finanzamt den Kostenabzug verwehrt hatte, legte der Berater zunächst im Auftrag seines Mandanten Einspruch ein. Als das Amt jedoch signalisierte, dass es an seiner ablehnenden Auffassung festhalten wird, nahm der Steuerberater den Einspruch am 12.2.2009 zurück – ohne diesen Schritt mit seinem Mandanten zu besprechen. Es kam wie es kommen musste: 3 Wochen später, am 5.3.2009, änderte der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung und erkannte eine doppelte Haushaltsführung nun auch in Wegverlegungsfällen an. Aufgrund des zurückgenommenen Einspruchs konnte der Mandant nun nicht mehr von der Rechtsprechungsänderung profitieren, sodass er vom Berater einen Schadensersatz in Höhe der entgangenen Steuerersparnis verlangte. Das Amtsgericht verurteilte den Berater zur Zahlung von 1.100 EUR und das Berufungsgericht folgte der Entscheidung. Auch die Revision des Beraters vor dem Bundesgerichtshof blieb nun ohne Erfolg

Bundesgerichtshof nimmt Pflichtverletzung des Beraters an
Der Bundesgerichtshof urteilte, dass der Berater gegen seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verstoßen hatte, indem er den Einspruch eigenmächtig zurückgenommen hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Steuerberater grundsätzlich verpflichtet, die Weisungen seines Mandanten zu befolgen. Will er von dessen Weisungen abweichen, muss er ihn darüber informieren und (grundsätzlich) dessen Entscheidung abwarten. Da der Mandant das Misserfolgs- und Kostenrisiko des Auftrags trägt, hat er und nicht der steuerliche Berater die grundlegenden Entscheidungen darüber zu treffen, in welcher Weise seine Interessen wahrgenommen werden sollen. Trotz höherer Sachkunde darf ein Berater seine Entscheidung nicht an die Stelle derjenigen seines Mandanten stellen.

Vorliegend hat der Berater mit seiner Einspruchsrücknahme gegen die Weisung seines Mandanten verstoßen, da ein Auftrag zur Einspruchseinlegung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in aller Regel zugleich beinhaltet, dass der Einspruch auch "durchgefochten" und eben nicht zurückgenommen wird.

Pflichtverletzung hat Schaden versursacht
Der Bundesgerichtshof ging zudem davon aus, dass die begangene Pflichtverletzung den vorliegend geltend gemachten Schaden des Mandanten auch verursacht hat. Zwar hatte der Berater mehrfach erklärt, dass sein Mandant einer Einspruchsrücknahme zugestimmt hätte, wenn er zuvor informiert worden wäre. Der Bundesgerichtshof ließ dieses Argument jedoch unberücksichtigt und zog stattdessen den Beweis des ersten Anscheins heran. Dieser sprach dafür, dass der Mandant der Einspruchsrücknahme nicht zugestimmt hätte. Denn er hatte die Einlegung eines Einspruchs zuvor beauftragt, obwohl die Zeichen gegen ihn standen (= die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seinem Anliegen entgegenstand). Daraus wird deutlich, dass er einen Kostenabzug nur mit "durchgefochtenem" Einspruch hätte erreichen können.

Aussagen zur Pflichtlektüre eines Steuerberaters
Das Berufungsgericht hatte die Pflichtverletzung zuvor noch darin gesehen, dass der Berater von dem möglicherweise anstehenden Rechtsprechungswechsel hätte wissen müssen. Demnach sei er gehalten gewesen, den Jahresbericht des Bundesfinanzhofs zu lesen, in dem über das anhängige Revisionsverfahren berichtet worden sei.

Der Bundesgerichtshof erteilte diesem Argument jedoch eine klare Absage und erklärte, dass dem Berater nicht vorgeworfen werden kann, dass er bei Rücknahme des Einspruchs auf den Fortbestand der (ablehnenden) Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Wegverlegungsfällen vertraut hatte. Denn ein Berater ist (ohne besonderen Anlass) nicht verpflichtet, die Jahresberichte des Bundesfinanzhofs einzusehen. Zum Themenkreis "Pflichtlektüre eines Steuerberaters" machte der Bundesgerichtshof zudem folgende Aussagen:

Ein Steuerberater darf grundsätzlich auf den Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertrauen. Er muss sich aber über deren Entwicklung anhand der amtlichen Sammlungen und der einschlägigen Fachzeitschriften unterrichten.

Eine Änderung der Rechtsprechung muss der Berater in Betracht ziehen, wenn ein oberstes Gericht sie in Aussicht stellt oder neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft sich auf eine ältere Rechtsprechung auswirken können und es zu einer bestimmten Frage an neueren höchstrichterlichen Erkenntnissen fehlt.

Ausnahmsweise kann der Berater verpflichtet sein, die Rechtsprechung der Instanzgerichte und das Schrifttum (einschließlich Aufsatzliteratur) heranzuziehen, wenn sich ein Rechtsgebiet eindeutig fortentwickelt und neue höchstrichterliche Rechtsprechung erwartet werden kann. Hat der Berater einen entsprechenden Fall zu bearbeiten, muss er auch Spezialzeitschriften durchsehen.

Als Pflichtlektüre eines Beraters kommen vor allem das Bundessteuerblatt und die Zeitschrift "Deutsches Steuerrecht" in Betracht.

Reine Entscheidungssammlungen wie z. B. die Zeitschrift "BFH/NV" muss der Berater nicht vollständig auswerten.

Die monatlich als Anlage zum Bundessteuerblatt erscheinende Liste der anhängigen Verfahren beim Bundesfinanzhof muss der Berater ebenfalls nicht durchsehen.

Die Zeitschrift "Der Ertragsteuerberater" gehört nicht zur Pflichtlektüre eines Steuerberaters.

12. Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften

Nachträgliche Schuldzinsen für die Anschaffung einer Beteiligung sind ab 2009 nicht als Werbungskosten abziehbar.

Hintergrund
X hielt ab 1999 eine wesentliche Beteiligung (15 %) an einer GmbH. In 2001 veräußerte er seine Geschäftsanteile zum Preis von 1 DM, wobei ein gewisses Eigenkapital der GmbH garantiert wurde. Hieraus ergab sich ein an den Erwerber zu leistender Ausgleichsbetrag. Um seiner Ausgleichsverpflichtung nachzukommen, verzichtete X auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, das er bei einer Bank refinanziert hatte. Außerdem leistete er eine Sonderzahlung, die durch ein weiteres Bankdarlehen finanziert wurde.

Die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) wurden vom Finanzamt für 2005 bis 2008 als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften des X aus Kapitalvermögen anerkannt. Für das Streitjahr 2009 versagte das Finanzamt jedoch den Abzug. Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Das ab 2009 geltende Abzugsverbot komme nicht zur Anwendung, da die Zinsen – wegen der Veräußerung der Beteiligung bereits in 2001 – mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhingen.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hält die Sachbehandlung durch das Finanzamt für zutreffend. Er hob das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab.

Mit der Einführung der Abgeltungssteuer für private Kapitalerträge wurde ab 2009 der Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten ausgeschlossen. Abziehbar ist lediglich noch der Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR (bei Zusammenveranlagung: 1.602 EUR). Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung sieht der Bundesfinanzhof keine Bedenken. Der Gesetzgeber hat einerseits mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags bei den Beziehern niedriger Kapitaleinkünfte und andererseits mit der Senkung des Steuertarifs von bisher 45 % auf nunmehr 25 % bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte eine verfassungsrechtlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten vorgenommen. Denn bei Kleinanlegern fallen regelmäßig nicht mehr als 801 EUR an Werbungskosten an und bei Spitzeninvestoren dürfte das Abzugsverbot durch die Senkung des Steuertarifs ausgeglichen sein.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts gilt das Abzugsverbot auch für den Fall, dass – nach 2009 – keine Erträge fließen. Eine einschränkende Betrachtung auf Kapitalerträge, die erst nach 2008 zufließen, ist mit dem Wortlaut und den Besonderheiten der Abgeltungsteuer nicht vereinbar.



Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.

Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski
Steuerberater


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